und Kultureinrichtungen und ihre Sprecherinnen und Sprecher rufen auf:
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Wort Hans Magnus Enzensbergers von der "triumphalen Freude" in seiner
"Nachschrift zum Irak-Krieg" in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung �ber
den Verlauf und das milit�rische Ergebnis des Krieges gegen den Irak kann
nicht als kulturell-intellektuelle Schlu�bemerkung stehen bleiben. Schon
gar nicht, wenn die Nachgeschichte dieser "triumphalen Freude" sich nicht
auf die Zerst�rung der Symbole der Diktatur Saddam Husseins beschr�nkt,
sondern sich auf die Ausl�schung einer Jahrtausende alten, mit Europa eng
verbundenen Kulturgeschichte mit ausgeraubten und brennenden Bibliotheken
und leerger�umten und verw�steten Museen erstreckt.
Viel wurde und wird �ber falsche Einsch�tzungen zum Verlauf des Krieges
gegen den Irak geschrieben, die Warnungen vor der bef�rchteten Zerst�rung
und Pl�nderung des irakischen Weltkulturerbes haben sich
bedauerlicherweise bis in ihre radikalste Konsequenz als richtig
erwiesen. Diese Warnungen wurden nicht von bekannten
K�nstler-Pers�nlichkeiten vorgetragen und schon gar nicht an vorderster
Stelle in den Medien placiert, sie wurden von Arch�ologen vorgebracht,
von Kunsthistorikern und Museumsdirektoren, und zwar rechtzeitig, noch
lange vor dem Krieg. Niemand hat auf sie geh�rt oder wollte auf sie h�ren.
Wer auch immer anderen Fragen den Vorrang einr�umen mag, es ist
unertr�glich diesen seit den Naziraubz�gen gr��ten Kulturraub bzw.
Kulturvernichtungsfeldzug einfach nur als Begleiterscheinung eines als
"Befreiungskrieg" f�r die Bev�lkerung des Irak und zum "Schutz vor
Terrorismus" gef�hrten Krieges hinzunehmen. Was immer der nachstehende
Aufruf angesichts geduldeter und geschaffener Tatsachen auch bewirken
mag, er ist, wenn es um intellektuelle, k�nstlerische, kulturelle
Glaubw�rdigkeit geht, schlicht notwendig.
Mit der Bitte um Unterst�tzung und mit freundlichen Gr��en
Gerhard Ruiss IG Autorinnen Autoren Wien, 25.4.2003
A u f r u f (Initiator/inn/en am Seitenende)
Ausgel�schte Weltkulturgeschichte
Vor den Augen der Welt hat ein beispielloser Kulturraubzug stattgefunden,
dem nahezu der gesamte Bestand der 5.000 Jahre alten mesopotamischen
Kultur zum Opfer gefallen ist. Sch�tzungsweise 170.000 (!) Objekte des
Nationalmuseums wurden entweder geraubt oder zerst�rt, Bibliotheken
niedergebrannt oder - wie die irakische Nationalbibliothek - komplett
leerger�umt.
Schon aus dem Golfkrieg 1991 war bekannt, da� im Sog des Krieges
Kunstsch�tze und Kunstsammlungen auf unterschiedlichsten Wegen aus dem
Kriegsgebiet verschwunden sind und von den damals 4.000 verschwundenen
Objekten in den folgenden 11 Jahren nur 500 wieder aufgefunden werden
konnten.
Schon dieser damalige vergleichsweise geringe und erst recht der jetzige,
eine gesamte geschichtliche Epoche betreffende Kulturraubzug w�ren nicht
m�glich gewesen, h�tten die angeblich zur Beendigung der Diktatur im Irak
kriegf�hrenden Streitkr�fte der Vereinigten Staaten und Gro�britanniens
nicht weggesehen. Ein solcher Kulturraubzug ist weder unorganisiert noch
ohne Duldung m�glich. Die Verantwortung daf�r liegt eindeutig bei den
Regierungen beider L�nder. Umso mehr, als beide Regierungen ausreichend
vorgewarnt waren und allgemein bekannt ist, da� sich sowohl
politisch-fundamentalistische Str�mungen als auch die internationale
Kunstmafia solche Situationen zunutze machen.
Durch die Duldung dieses Kulturraubs haben sich die Regierungen der USA
und Gro�britanniens auf eine Stufe mit jenen Kr�ften gestellt, die aus
religi�s-fundamentalistischen Gr�nden die Ausl�schung jeder anderen
Geschichte als der eigenen betreiben. Durch die Duldung dieses
Kulturraubs wurde der Welt vor Augen gef�hrt, da� der Krieg der
Vereinigten Staaten und Gro�britanniens gegen den Irak nie das Ziel
hatte, die Diktatur zu beseitigen, sondern aus einem eigenst�ndigen Staat
eine gesichts- und geschichtslose Rohstoff- und Investitionsquelle zu
machen.
Die Vereinigten Staaten und Gro�britannien haben der Welt eine Lektion
erteilt. Wenn es um ihre wirtschaftlichen Interessen geht, sind weder
V�lkerrechte noch Menschenrechte noch die Genfer Konvention noch das
Weltkulturerbe von Bedeutung. Es z�hlen einzig und allein der
kommerzielle Nutzen und blinde Gefolgschaft, zwei Faktoren, die einmal
auch den Vereinigten Staaten und Gro�britannien als gr��te
Weltbedrohungen vorgekommen sind.
Wir, die Unterzeichneten, rufen unsere Regierungen dazu auf, sich in
allen internationalen Gremien f�r alle Ma�nahmen einzusetzen, die von
Experten gefordert werden, um die nicht zerst�rten Best�nde wieder an
ihre urspr�nglichen Orte zu bringen, die Ausgrabungsst�tten zu sch�tzen
und zerst�rte Objekte, soweit das noch m�glich ist, wiederherzustellen,
sowie jede andere Ma�nahme zu ergreifen, die von Experten als geeignet
zum Erreichen dieser Ziele erachtet wird.
Wir fordern die Regierungen der Vereinigten Staaten und Gro�britanniens
dazu auf, alles zur Wiederherstellung und R�ckstellung der geraubten
Kunstsch�tze beizutragen, was durch internationale Gremien von ihnen
verlangt wird. Und wir fordern die Regierungen der Vereinigten Staaten
und Gro�britanniens insbesondere dazu auf, ernst zu machen mit ihren
angeblichen Kriegszielen und alles f�r eine demokratische, friedliche,
selbst�ndige Entwicklung im Irak zu tun, wozu ebenso die Versorgung mit
Lebensmitteln wie die medizinische Versorgung als auch die Erhaltung und
Wiedererrichtung der gesamten zivilen und kulturellen Infrastruktur
geh�ren.
Der Wiederaufbau eines irakischen milit�rischen Apparats durch die
Siegerm�chte, wie das auch schon angeklungen ist, z�hlt ganz sicherlich
nicht zu diesen Aufgaben, sondern dient allenfalls dazu, den Krieg als
inner-irakischen Krieg weiterzuf�hren.
Initiiert/unterst�tzt von:
Gerhard Ruiss, Autor, Gesch�ftsf�hrer der IG Autorinnen
Autoren/Literaturhaus, Wien
Martin Wassermair, Vorsitzender konsortium.Netz.kultur, Wien
Maria Anna Kollmann, Dachverband der Filmschaffenden, Wien
Peter Paul Skrepek, Musiker, Musikergilde, Wien
Werner Richter, literarischer �bersetzer, Pr�sident der
�bersetzergemeinschaft/Literaturhaus, Wien, Gerasdorf/Nieder�sterreich
Barbara Neuwirth, Schriftstellerin, Wien
Gabi Gerbasits, Kulturarbeiterin, IG Kultur �sterreich, Wien
Silvia Treudl, Autorin, Leiterin des Unabh�ngigen Literaturhauses
Nieder�sterreich - ULN�, Wien-Krems/Nieder�sterreich
Walter Kindler, o.Univ.-Prof., Filmakademie Wien
Juliane Alton, Gesch�ftsf�hrerin der IG Freie Theaterarbeit, Wien
J�rg Stelling, Voice, Wien Manfred Chobot, Autor, Wien
Helmut Peissl, Verband Freier Radios, Klagenfurt/K�rnten
Heinz Lunzer, Literaturwissenschaftler, Gesch�ftsf�hrer der
Dokumentationsstelle f�r neuere �sterreichische Literatur/Literaturhaus,
Wien
Gerald Ganglbauer, Drei Tueren zu Kunst und Literatur, Graz-Wien-Sydney
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